1Vulcan Energie Ressourcen GmbH, Deutschland; 2GeoThermal Engineering GmbH
Die bereits in Geothermieanlagen genutzten Thermalwässer im Oberrheingraben zeichnen sich im internationalen Vergleich durch sehr hohe Lithium-Konzentrationen von bis zu 200 mg/L aus. Das gelöste Lithium stammt primär aus dem Grundgebirge, dessen Zusammensetzung aus Aufschlüssen der Grabenschultern (insbesondere Schwarzwald, Vogesen, Odenwald) und vergleichsweise wenigen Tiefbohrungen im Oberrheingraben selbst bekannt ist. Darüber hinaus kann aus geophysikalischen Untersuchungen (insbesondere Gravimetrie und Magnetik in Kombination mit Aufschlussdaten) und der Fluidchemie (insbesondere Kalzium-Konzentration, pH-Wert, Chlorid/Bromid-Verhältnis) einschließlich deren Isotopenzusammensetzung (insbesondere des Strontiums und Lithiums) indirekt auf die Gesteinsart des Grundgebirges geschlossen werden.
Lithium tritt in granitischen Gesteinen vor allem in den Phyllosilikaten (i.e. Hell- und Dunkelglimmer) auf und wird in Abhängigkeit von Temperatur, Fluidchemie und Anorthitgehalt der Plagioklase in den granitischen Gesteinen in unterschiedlichen Konzentrationen ins Fluid freigesetzt und in Alterationsphasen „zwischengespeichert“.
Da die Li-Löslichkeit mit steigender Temperatur zunimmt, liegen die Vorzugsgebiete für dessen Gewinnung in den ebenfalls geothermisch attraktivsten Gebieten mit hohen geothermischen Gradienten. Letztere werden durch an hydraulisch aktiven Störungszonen aufsteigende Tiefenwässer verursacht. Entsprechend ihrer Orientierung im rezenten Spannungsfeld sind insbesondere NW- bis N-streichende Störungszonen reaktivierbar und dadurch in der Regel hydraulisch leitend.
Die Gegebenheiten von Geothermie-Anlagen bieten günstige technisch-energetische Rahmenbedingungen, Lithium aus Thermalwässern des Oberrheingrabens zu extrahieren. Der energetische und stoffliche Aufwand für die Lithium-Extraktion kann in Geothermie-Anlagen im Vergleich mit herkömmlichen Verfahren deutlich günstiger gestaltet werden. Daneben bietet eine Lithiumgewinnung in bestehenden Geothermie-Anlagen im Oberrheingraben geringe Investitionskosten, eine sehr gute Anbindung an moderne Infrastruktur (Straße, Schiene, Wasser) und Marktnähe gute Voraussetzungen für eine heimische klimaneutrale Lithiumproduktion. Eine heimische Lithiumproduktion ermöglicht den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten, die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und eine größere Unabhängigkeit von (geo-)politischen Entwicklungen.
Erste Abschätzungen des Lithium-Potentials in einem 15×15 km großen Gebiet im französischen Teil des Oberrheingrabens (Nord-Elsass) haben für den Buntsandstein- und Muschelkalk-Aquifer eine Lithium-Metall-Menge von 200.000 bis 300.000 Tonnen (je nach Parametervariation für Porosität und Mächtigkeit) ergeben. Dies entspricht 1.064.600 bis 1.596.900 Tonnen Lithium-Karbonat-Äquivalent (LCE) für diese beiden Aquifere.
In dem 374 m2 großen Erlaubnisfeld „Ortenau“ der Vulcan Energie Ressourcen GmbH sind nach einer Abschätzung im Buntsandsteinreservoir etwa 13,1 Mt LCE enthalten.
Die Extraktion des Lithiums aus dem Thermalwasser wurde zunächst im Labor getestet und eine Pilotanlage auf der Grundlage der Laborergebnisse geplant. Die Direkte Lithium Extraktion selbst ist seit Jahren mit Solen von anderer Zusammensetzung in anderen Regionen der Welt im Einsatz. Die laufenden Arbeiten dienen dazu die bekannten Methoden an das Thermalwasser im Oberrheingraben anzupassen und dabei die Druck- und Temperaturbedingungen zu berücksichtigen.
Die Bedeutung von Lithiumlagerstätten in Europa ist immens. Mit dem Plan den Verkehr auf Elektromobilität umzustellen erfordert einen Anstieg der Produktion in Europa von Lithium-Ionen-Batterien von 20 GWh (2019) auf 143 GWh (2023) auf mehr als 415 GWh (2029). In Europa sind mehrere Tagebaue in Vorbereitung (z.B. Spanien und Portugal). An zwei Standorten (z.B. in Österreich) sollen lithiumhaltige Gesteine in tiefem Bergbau abgebaut werden. Dieses ist mit einem hohen energetischen Aufwand und einem entsprechendem CO2-Fußabdruck verbunden.
Alle Fahrzeughersteller betonen, dass der CO2-Fußabdruck der Elektrofahrzeuge so weit wie möglich reduziert werden soll. Mit Lithium, das aus dem Thermalwasser des Oberrheingrabens gefördert wird und bei dessen Extraktion die Wärme und der Strom aus der Erdwärme genutzt wird, kann das gelingen. Da die Menge des produzierten Stroms über den Bedarf der Extraktion hinausgeht, kann der geothermische Strom helfen das deutsche Stromnetz zu dekarbonisieren.